Dienstag, 15. Mai 2007

서시

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서시
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Am Montag sind wir im Leseverstaendniskurs mal wieder ganz speziell geworden und haben verschiedene Formen von Gedichten besprochen, so z.B. auch ein Sijo.
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Und ein sehr bewegendes Gedicht aus der Kolonialzeit, was wir schliesslich auch auswendig lernen sollten. Wie so oft in Zeiten der Unterdrueckung, musste man seine Kritik versteckt ausdruecken und das ist in diesem Gedicht geschehen. Himmel, Sterne, Wind und Nacht stehen fuer verschiedene Dinge in Zusammenhang mit dem Leben in der Kolonialzeit. Wenn ihr eine Idee habt, wofuer, schreibt es als Kommentar.
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Ein weiteres Spezifikum dieses Gedicht ist, dass es ausschliesslich mit reinkoreanischen (순한국어) Vokabeln verfasst wurde.
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Das Gedicht stammt vom Dichter Yun Dong-ju (윤동주). Er starb Anfang 1945 nach einjaehriger Haft in einem japanischen Gefaengnis an den Experimenten, die die Militaeraerzte an ihm durchfuehrten. Sein Cousin ueberlebte die Haft und konnte spaeter davon erzaehlen.
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서시
Erstes Gedicht (einer Reihe)
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죽는날까지 하늘을 우러러
Bis ich sterbe, schaue ich hinauf zum Himmel
한 점 부끄럼이 없기를,
nicht ein einziges Mal schaemen.
잎새에 이는 바람에도
Selbst der Wind in den Blattern
나는 괴로워했다.
bereitete mir Schmerz.
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별을 노래하는 마음으로
Mit einem Herz, das die Sterne besingt
모든 죽어 가는 것을 사랑해야지
sollte ich alles Vergaengliche lieben
그리고 나한테 주어진 길을 걸어가야겠다.
und ich sollte den Weg, der mir gegeben, gehen
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오늘 밤에도 별이 바람에 스치운다.
Auch heute Abend wischt der Wind die Sterne weg.
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Neue Vokabeln fuer Anfaenger
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별 - Stern
바람 - Wind
밤 - Abend
하늘 - Himmel
마음 - Herz
길 - Weg
날 - Tag
죽다 - sterben
부끄럼 - Scham
오늘 - heute
잎새 (잎사귀) - poetischer Ausdruck fuer "Blatt"
우러르다 - hinaufschauen, aufschauen
한 - eins, ein
점 - Punkt
없다 - nicht vorhanden sein, fehlen
나 - ich
것 - Sache, Ding
사랑 - Liebe
하다 - machen, tun
그리고 - und
주다 - geben
(걸어)가다 - entlanggehen, gehen, laufen
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Wie man sehr gut sehen kann, wird in diesem kurzen Gedicht, mit wenigen sehr einfachen Worten eine sehr intensive Stimmung erzeugt, die insbesondere wenn man mit den Metaphern etwas anfangen kann, sehr beklemmend wird.
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Nicht wenige sehen in dem Gedicht zunaechst ein zwar trauriges, aber doch romantisches Gedicht, eine Ode an die Natur - und sind dann sehr beklommen, wenn sie die Hintergruende erfahren.
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