Die diesjährige Konferenz von Koreanisch-Übersetzern war durchaus ein Erfolg, da sich die Teilnehmerzahl trotz weniger Panelisten fast vervierfacht hatte, wie sich überhaupt das ganze Ambiente wohl nach Aussagen derjenigen, die letztes Jahr dabei waren, deutlich verbesser habe.
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Für uns gab es zwei Tage lang einen Haufen Vorträge von Experten auf dem Gebiet der (koreanischen) Literatur und Übersetzung, was auch meine ersten Treffen mit koreanischen Autoren ermöglichte. Womit wir auch schon beim besten Aspekt der Konferenz angelangt wären: Neben den Übersetzern aller Ausbildungs- und Erfahrungslevels waren natürlich auch Offizielle der Förderer, Autoren aus Korea und anderswo, Literaturkritiker, Journalisten etc. anwesend, sodass man wirklich ein Treffen hatte, bei dem man das Hauptproblem von allen Seiten analysieren konnte. Und dieses Problem ist das Gleiche wie bei so ziemlich allen anderen Bereichen, denen man "koreanisch" voranstellen kann:
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Woran liegt es, dass koreanische Literatur (=Hochkultur der Moderne) nicht wahrgenommen wird?
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Erwartungsgemäß spielten sich alle gegenseitig den Schwarzen Peter zu. Für die Übersetzer waren die Förderer mit ihren Regularien das Problem, für die Autoren die Übersetzer, die oft keine Ahnung hätten, für die Kritikerfraktion waren es natürlich die Autoren, die nur Stuss schreiben, den man international nicht lesen will und die Förderer schoben die Verantwortung in alle Richtungen, vor allem aber auf die Regierung.
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Tatsächlich aber gab es einige Hauptargumentationslinien, die ein amerikanischer Übersetzer mit mehr als 25 Jahren Berufsübersetzung sehr prägnant und zur Freude der Zuhörer unter dem Titel "Land des Redens" zusammenfasste. Korea ist sich seiner Probleme bewusst, sie werden bis zur Selbstaufgabe diskutiert und von allen Seiten beleuchtet. Und dann nimmt keiner das Heft des Handelns in die Hand, sondern alle bedanken sich beartig für die Anregungen und gehen nach Hause. Und damit hat er zu einem gewissen Punkt auch Recht.
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Weitere Punkte sind aber ebenso offensichtlich und wurden durch seine allgemeine und sehr polternde, ja polemisierende Art doch unter den Teppich gekehrt. Ein spanischer Professor, ein anderer amerikanischer Professor von der Yonsei und ein koreanischer Literaturkritiker fassten das in ihren Vorträgen pragmatischer und ruhiger zusammen:#
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Fixierung: Die Förderinstitute (KLTI und Daesan Foundation) brauchen Erfolge, was sie dazu neigen lässt, moderne Werke zu fördern, am besten von Autoren, die erfolgreich sind (da muss man nicht beweisen, warum derjenige jetzt übersetzenswert ist) und am allerliebsten von Autoren, die noch leben, damit man ihm irgendwann mal einen Literaturnobelpreis zusprechen kann. Und bis zu einem gewissen Grade kommt es einem wirklich so vor als würde auch hier Kulturexport nicht um der Kultur Willen geschehen, sondern lediglich, um einen der letzten internationalen Preise/Titel, den man noch nicht bekommen hat, einzuheimsen. Mit Prof. Hwang war es dasselbe Spiel. Er hatte Quoten zu erfüllen, er sollte international agieren, damit er den Nobelpreis holt. Diese Quoten (so und so viele Werke pro Jahr, von so und so viel Autoren in so und so viele Sprache) sind der Tod für qualitätvolle Übersetzungen.
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Qualität: Die Qualität ist eine Münze mit zwei Seiten. Sowohl die Qualität auf Seiten der Autoren ist wichtig als auch die Qualität auf Seiten der Übersetzer. Auf beiden Seiten gibt es eine Menge möglicher Kritik. Auch hier preschte O*Rourke vor, indem er meinte, dass die moderne Literatur schlecht sei, schlicht nicht lesenswert. Und tatsächlich kann ich ihm in vielen Fällen zustimmen. Quasi alle Panelisten waren sich einig, dass die koreanische Literaturelite, die in den 70ern und 80ern durch Literatur ihr Engagement für Demokratie unterstützten und aufrütteln wollten, die Zeichen der Zeit kaum erkannt haben. Der Trend der internationalen Literatur geht seit Jahren, Jahrzehnten weg von politischer Literatur, von Kapitalismuskritik als solcher hin zur Nabelschau der menschlichen Existenz, die zwar auch sein gesellschaftliches Umfeld umfasst, aber viel universeller ist als den Überlebenskampf von Herrn Kim aus Seoul zu zeigen. Diese Universalität, die viele japanische Autoren inzwischen gefunden haben, fehlt vielen der großen koreanischen Autoren vollkommen.
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Daraufhin kam dann gleich die Frage eines Autors, wo denn koreanische Literatur noch koreanisch bleibe, wenn man universelle Menschen beschreibe. Woraufhin der amerikanische Literaturprofessor klasse konterte:
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Der Musikproduzent Park Jin-young meinte einmal auf eine Interviewfrage, ob er koreanische Musik in seine amerikanischen Produktionen einzumischen versuche, dass das schon die falsche Frage sei. Selbst wenn er sich 100% anstregen würde, amerikanische Musik zu produzieren, bliebe immer noch der Faktor, dass er selbst Koreaner sei und dadurch automatisch koreanische Elemente und Denkweisen in seine Kunst einfließen. Fand ich wirklich eine sehr schöne Zusammenfassung des Problems. Sicher, ich find "echt" koreanischen Humor, diese Wärme, die von bestimmten Bildern ausgeht, auch unglaublich toll, aber das lässt sich nun mal ohne Koreanistik-Ausbildung nicht nachfühlen für einen europäischen Leser. Damit muss man sich halt abfinden.
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Begrenzung: Hinzu kommt, dass der koreanische Literaturmarkt als Mikrokosmos nicht kompatibel ist mit den großen Märkten der Welt. Koreaner schreiben am liebsten Kurzgeschichten, Logik ist kein Muss, am liebsten hat man Gedichte, die bekannte Motive aufnehmen. Hinzu kommt ein Schwall an einfacher Literatur (historisierende Stoffe, Internetnovellen etc.). Das ist das, was sich in China und Südostasien reissend verkaufen lässt, nicht aber in Europa. Europäer lesen Romane, Romane, die sie lachen und nachdenken lassen.
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Im Endeffekt waren sich dann wohl alle einig, dass es wieder einmal auf das koreanische Image als solches ankomme und auch Phänomene wie die Hallyu nichts zur Verbreitung von Hochkultur beitragen können. Ein japanischer Journalist fragte mal den wohl bekanntesten koreanischen Übersetzer ins Japanische auf einer Pressekonferenz: "Ich wusste gar nicht, dass in Korea auch richtige Literatur geschrieben wird, die über das Niveau von TV-Dramas hinausgeht".
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Die Hallyu hat Korea damit gar nicht allzu viel gutes getan in Asien: Korea wird als Produzent seichter Popkultur wahrgenommen, die die zarten Anfänge der Rezeption von echter Kunst vollkommen überrollt hat, so wie das eine Welle eben tut.
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Also, ein harter und steiniger Weg auf dem Weg zu Weltruhm, bei dem sich alle Beteiligten an die eigene Nase fassen sollten. Dass sich die Kritik aber aufs KLTI konzentrierte, fand ich doch gelinde gesagt unfair. Wenn irgendjemand mit Programmen wie dem unsrigen, Autorenprogrammen etc. eine systematische Aufbauarbeit leistet, dann doch wir. Dass Dinge falsch laufen, das ist ja klar, aber unsere Professoren so abfällig und überheblich zu behandeln als wären sie die letzten Bürokraten ohne jegliche Ahnung von der Welt, das war doch unschön.
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Es ging so weit, dass besagter Kevin ORourke beim Abschlussdinner unseren von allen sehr geschätzten Prof. Kim Yun-jin ins offene Messer laufen liess, indem er ihm erst zugesagt hatte einen Toast zu sprechen und dann nur kurz meinte "er könne jetzt nicht, weil er zu aufgeregt sei, zu erfahren, ob ein Koreaner den Literaturnobelpreis bekommen hätte". Scheiß Art sowas.
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