Sonntag, 25. Mai 2008

GoStop

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GoStop 고스톱
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Heute ist mal wieder so ein Tag, an dem ich Lust habe etwas weiter auszuholen und ähnlich wie damals beim Beitrag über Trot (Teil 1, Teil 2) möchte ich das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden, da es zum Thema des heutigen Beitrags keine brauchbaren Quellen auf deutsch gibt, ja nicht mal auf Englisch finden sich zusammenhängende Informationen.
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Im Folgenden werde ich also über "Interkulturelle Transformationsprozesse populärer Komtemplationsalternativen mit konkreter Fallstudie" referieren und dafür hat Lehrer Gom sich das schöne Thema GoStop herausgesucht.
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Was ist GoStop überhaupt?
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GoStop (고스톱) ist der bekannteste Name des bekanntesten koreanischen Kartenspiels, das ausserdem auch noch unter dem Namen Godori (고도리) bekannt ist. GoStop ist die klassische Version für 3 (oder mehr) Spieler, während Matgo () die Version heißt, die man zu zweit spielen kann. Oft wird das Spiel fälschlich auch als Hwatu bezeichnet, doch dies beruht auf einem grundlegenden Missverständnis, das im folgenden dargelegt wird. Für den gesamten Artikel gilt, dass es ausser einer aufsehen erregenden Arbeit eines Professors von der Gongju-Universität keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse gibt, die einem weiterhelfen. Wenn ich von den Spielen rede, dann von der Standardversion wie sie mir beigebracht wurde. Es gibt jedoch in jeder Region, ja in jeder Familie Variationen. In 99% der Fälle werden sich die grundlegenden Infos jedoch mit dem in Korea allgemein verbreiteten Spiel decken.
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Womit wird gespielt und seit wann?
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Alle oben genannten Varianten werden mit dem gleichen Set an Karten gespielt, das nach seinem Thema Hwatu ( ) genannt wird, d.h. Blumenkarten. Und dabei sind wir schon am heikelsten Punkt der ganzen Thematik angekommen, nämlich der Herkunft des Spiels. Trommelwirbel. Wie viele moderne Zeitvertreibe ist auch das Kartenspielen keine traditionelle Beschäftigung der Koreaner und das, was wir heute als Hwatu bezeichnen, ist eine nur teilweise veränderte Form der japanischen Hanafuda-Karten, die dort seit einiger Zeit populär waren, bevor sie entweder in der Kolonialzeit oder bereits einige Zeit davor nach Korea kamen. Vieles spricht dafür, dass über den Kontakt mit Händlern aus Tsushima zunächst im Südosten Koreas die dortigen Händler und zwielichtigen Personen mit dem Spiel in Berührung kamen und von dort aus die Verbreitung weiter ging, sodass das Spiel heute in Korea eines der beliebsten überhaupt ist und selbst an hohen Feiertagen zum Programm gehört.
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Früher aber haben Kartenspiele in Korea den Charakter von illegalem Glücksspiel gehabt und insbesondere für gebildete Menschen galt Kartenspielen, noch dazu um Geld, als inakzeptabler Zeitvertreib. Genau genommen wird es aber auch heute noch als unschicklich angesehen, insbesondere wenn jüngere Damen sich dem Spiel hingeben.
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Die Ursprünge des heutigen Spiels sind wohl auf portugiesische Karten zurückzuführen, die im 17. Jahrhundert nach Japan kamen und sich dort bald größter Beliebtheit erfreuten. Dass Hanafuda schließlich exportiert werden konnte, hat auch etwas mit der Lockerung des Glücksspielverbotes in Japan zu tun, da Hanafuda als zu lang und umständlich angesehen wurde, um als illegales Glücksspiel um Geld zu gelten. Interessanterweise hat mit der Massenproduktion der Karten eine uns wohlbekannte Firma damals ihr erstes Vermögen gemacht: Nintendo, das damals schon in dem Bereich aktiv war.
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Die 48 Karten, die noch heute standardmäßig in Korea im Gebrauch sind, sehen folgendermaßen aus:
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Zusätzlich haben die Koreaner in das Spiel noch zusätzliche Joker in unermesslicher Fülle und Variation hinzugefügt, die ich aber in dieser Betrachtung nicht weiter erwähne - meistens spiet man ohnehin ohne sie. Darüber hinaus gibt es aber - teil aus künstlerischem, teils aus nationalistischem Interesse heraus, auch Bestrebungen aus den traditionell japanischen Formen der Karten auszubrechen und eigene Motive zu finden.
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Dies sieht dann im Falle eines jugendlichen Hwatus im Comicstil so aus:
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Und im Falle des Versuches der Koreanisierung der Hwatu-Kultur dann folgendermaßen, die passende Erklärung zu allen Karten findet man auf Koreanisch hier.
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Was zeigen die Karten?
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Insgesamt gibt es also 48 Karten. Diese sind aufgeteilt in 12 Sets a 4 Karten. Die 12 verschiedenen "Blumen"-Sets des Spiels stehen für den Zyklus eines Jahres aus 12 Monaten. Jedes Set von 4 Karten ist wiederum neben der Monatsblume mit verschiedenen besonderen Elementen geschmückt, z.B. Flaggen, Tiere oder auch sogenannte "Gwangs", d.h. Lichterglanz.
Der oben gezeigten Reihe der Karten von oben nach unten sind die 12 Sets:
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Januar - Songhak (Kranich)
Februar - Maejo ("Pflaumenvogel")
März - Botggot (Kirschblüte)
April - Heukssari (Schwarzer Buschklee)
Mai - Nancho (Orchidee, jedoch Übersetzungsfehler aus dem Japanischen)
Juni - Moran (Pfingstrose)
Juli - Hongssari (Roter Buschklee)
August - Gongsan (Kahler Berg)
September - Gukjun (Chrysantheme)
Oktober - Danpung - (Herbstlaub bzw. Ahorn)
November - Odong - (Blauglockenbaum)
Dezember - Bi - (Regen)
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Insbesondere der Dezember ist für seine vielen Ausnahmen bekannt, aber auch im September und November sind Besonderheiten zu beachten. Während die Monate wichtig sind, um Karten zu sammeln, bestimmen die Motive der gefangenen Karten die Endpunktzahl.
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Die Motive sind:
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5 Gwang - "Lichterglanz", gekennzeichnet durch das Hanja für Licht(strahl), Glanz
9 Yeolggeut - "Tiere" , hierbei ist zu beachten, dass das Mai-Motiv "Steg" auch als Tier, nämlich als Fisch unter den
10 Ddi - "Flaggen", 3 rote Flaggen mit Schrift (Hongdan), 3 blaue Flaggen mit Schrift (Cheongdan) und 4 rote ohne Schrift (Chodan), von denen die Dezember-Chodan nicht ins 3-er-Set der Chodans gehört.
Und dazu schließlich Pi, d.h. Blumenkarten ohne jegliches Motiv
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Wie wird gespielt
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GoStop ist ein sogenanntes Angelspiel, d.h. man versucht durch das "Angeln" von Karten seine Punktzahl zu erhöhen, wobei man hierfür Paare aus dem gleichen Monat sammeln muss.
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Das Spiel heisst deshalb GoStop, weil man sich mit einer bestimmten Punktzahl das Recht erwirbt, entweder "Go" zu sagen, d.h. das Spiel fortzusetzen mit der Chance auf noch mehr Punkte bei gleichzeitigem Risiko alles zu verlieren oder das Spiel als Gewinner sofort abzubrechen.
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Den Spielablauf erkläre ich für die 2-Spieler-Version Matgo. Diese wird mit jeweils 10 verdeckten Karten auf der Hand und 6 offenen Karten auf der Fläche (Badak) gespielt, die für jeden zugänglich sind und die zu angelnden Objekte darstellen. Dann wird abwechselnd gezogen, bis keiner mehr Karten hat oder bis einer Stop gesagt hat.
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Gezogen wird, indem man mit einer seiner 10 Hand-Karten eine Karte des passenden Monats fängt und anschließend vom Stapel (Deomi) eine Karte zieht. Passt diese ebenfalls zu einer Karte auf der Fläche, darf er diese ebenfalls zu seinen Karten nehmen, die jedoch getrennt von den Hand-Karten offen hingelegt werden.
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Wie erhält man Punkte
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Lichter (Gwang)
2 Gwang + Regenmann = 2 Pkt
3 Gwang ohne Regenmann = 3 Pkt
3 Gwang + Regenmann = 3 Pkt
4 Gwang + Regenmann = 4 Pkt
5 Gwang = 15 Pkt

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Der "Regenmann" ist der Gwang aus dem Dezember-Set
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Flaggen (Ddi)
3 blaue Flaggen (Cheongdan) = 3 Pkt
3 rote Flaggen (Hongdan) = 3 Pkt
3 normale leere Flaggen (Chodan) = 3 Pkt
Ab 5 Flaggen = 1 Pkt für jede weitere (Beispiel: 6 Flaggen, 2 Pkt)
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Tiere (Yeolggeut)
Ab 5 Tiere = 1 Pkt für jedes weitere (s.o.)
Drei normale Vögel (Godori) = 5 Pkt (d.h. Dezember-Vogel zählt hier nicht mit!)
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Leere (Pi)
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Ab 10 Pi = 1 Pkt für jede weitere
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Mithilfe dieser recht komplizierten Punkteverteilung muss man seinen Karten entsprechend jede Runde eine neue Sammelstrategie überlegen und genau dies macht den Reiz des Spiels aus. Zudem gibt es eine Menge Sonderfälle, die einen voranbringen, aber auch zurückwerfen können.
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Was gibts sonst noch?
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Einige Sonderfälle bescheren einem den Sieg, wobei es oft so ist, dass man zunächst einen Nachteil hat, wenn einem dieser aber nichts anhaben kann, wird man im Endeffekt dafür belohnt. Auch dadurch entstehen im Spiel schnell Situationen, die das Spiel komplett drehen und mit einem Zug sicher geglaubte Siege in traurige Niederlagen verwandeln können.
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4 Karten eines Monats auf der Hand: Chongtong (Führer) = Sofortiger Sieg mit 10 Pkt
3 Karten eines Monats auf der Hand: Hûndûm (Wackeln) = Gewinn verdoppelt
Bbôk = In einem Zug 3 Karten gestapelt (Keine Konsequenzen zunächst)
Sam-yôn-bbôk ( = 3 mal Bbôk) 3 mal drei Karten gestapelt = Sieg mit 7 Pkt

1 Pi vom Gegner erhält man bei:

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Alle vier von einem Monat in einem Zug gesammelt (Ddadak)
Abgeworfen und dazu passende Karte gezogen (Jjok

Den Tisch in seinem Zug leer gemacht (Sseul)
Passende 3 Karten zu Karte auf dem Tisch (Poktan)
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Punkterechnung
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Ziel des Spiels ist also bei Matgo 7, bei Gostop zuerst 3 Punkte zu erreichen, um damit das Recht zu haben entweder Go zu sagen und noch mehr Punkte zu sammeln oder Stop zu sagen und damit das Spiel mit einem sicheren Sieg zu beenden. Goldene Regeln gibt es hierbei nicht; für eine Bewertung der Aussichten sind konkret die eigenen Karten, die des Gegners, das auf dem Tisch liegende und der Stapel nötig. Aber alle Berechnungen können trotzdem keine Sicherheit liefern - auch wenn Koreaner durch ihre Spielweise genau das zu implizieren versuchen.
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Erst durch das dritte Go zahlt sich der Sieg wirklich aus, jedoch muss man dabei beobachten, ob der Gegner nicht vielleicht so schlecht ist, dass es sich lohnt auch früher Stop zu sagen (s. Pibak und Gwangbak). Dementsprechend muss man also nicht nur die eigenen Punkte und Karten, sondern immer auch die des Gegners im Blick haben, um zu entscheiden, was für einen selbst die beste Alternative ist.
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Gohwitsu (Anzahl der Gos)
1 x Go = + 1 Pkt
2 x Go = + 2 Pkt
3 x Go = Punktzahl x 2
4 x Go = Punktzahl x 4
5 x Go = Punktzahl x 5
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Gobak = Trotz Go verloren = Pkt x 2 (für Gegner)
Pibak = Der Gegner hat unter 8 Pi = Pkt x 2
Gwangbak = Der Gegner hat kein Gwang = Pkt x 2
Môngbak = Man hat selbst 7 Tiere = Pkt x 2
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Die vielen Verdopplungsmöglichkeiten bei der Endabrechnung können bei einem guten Ergebnis nach eigenen Karten (meist zwischen 7 und 15 Pkt) das Ergebnis am Ende teils in schwindelerregende Höhen treiben, was beim Spiel um Geld auch schnell in den Ruin treiben kann. Normalerweise aber spielt man mit Beträgen wie 10 Won pro Punkt, sodass sich der Ruin eher in einer Flasche Soju weniger widerspiegelt.
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Der letzte Sonderfall nennt sich Nagari, d.h. nach 10 ausgespielten Karten bei beiden Spielern hat niemand die nötigen 7 Punkte erreicht, um Go/Stop zu sagen. Dann werden in der nächsten Runde die Punkte ebenfalls verdoppelt. Beim Punkteanschreiben werden meist nur die Punkte des Gewinners berücksichtigt aber aus Vergleichsgründen können auch die Punkte der Verlierers interessant sein.
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Persönlich war mein bestes Ergebnis eine Runde 168 zu 0. Normalerweise bewegt es sich aber in deutlich niedrigen Regionen.
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Mein Fazit
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GoStop ist: Glück, Kommunikation, Täuschung, Taktik, Sammeln, Verlieren, Gewinnen, Wegschnappen, zu früh gefreut und wer zuletzt lacht, lacht am besten.
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GoStop ist kurzweilig, weil es viele taktische Möglichkeiten bereit hält, das Glück in seine Richtung zu lenken. Es ist dabei aufgrund der Mischung aus Glück und Taktik gleichzeitig auch sehr geeignet für Anfänger, da sich auch gegen gute Spieler zunächst Erfolgserlebnisse einstellen werden.
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GoStop schult. Beobachten des Gegners, Wahrscheinlichkeiten ausrechnen und im Endeffekt merken, dass doch wieder alles ganz anders gelaufen ist, das ist auch GoStop.
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GoStop ist Entspannung und Aufregung: Je nachdem, ob man die Karten haut, die Züge kommentiert oder einfach ruhig seine Kärtchen sammelt, kann GoStop für alle Gemütslagen das passende Spiel sein. Von Krieg bis Patience hat GoStop alles, was ein gutes Spiel braucht.
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Kurzum GoStop hat für alle etwas, deshalb 한 판 할래? (Han pan hallae? Ein Spielchen gefällig?)
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